Agentic AI vs. AI Agents – Warum die Unterscheidung zählt
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem „AI Agent“ und „Agentic AI“? Viele verwenden die Begriffe beinahe synonym – doch wer KI-gestützte Systeme bauen möchte, die wirklich eigenständig Aufgaben übernehmen, sollte diese Unterscheidung verstehen. Agentic AI ist nämlich weit mehr als nur ein smarter Chatbot, und AI Agents sind mehr als bloße Tools. In diesem Beitrag erklären wir beide Konzepte in allgemein verständlicher Sprache mit technischer Tiefe. Außerdem ordnen wir die Architektur des BPMN Agent in diesem Spannungsfeld ein. Dabei wird deutlich, dass der BPMN Agent kein einfaches Tool ist, sondern eine orchestrierte Multi-Agenten-Architektur, die eng mit dem Menschen zusammenarbeitet – weder vollständig autonom, noch rein reaktiv.
Was ist ein AI Agent?
Ein AI Agent (deutsch oft KI-Agent genannt) ist eine einzelne KI-Anwendung, die innerhalb gewisser Vorgaben selbstständig Aufgaben erfüllen kann. Man kann ihn sich wie einen digitalen Assistenten vorstellen, der seine Umgebung wahrnimmt, Informationen verarbeitet und Aktionen ausführt, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Solche Agenten reichen von einfachen Beispielen wie einem Sprachassistenten (der z.B. Termine erstellt oder Fragen beantwortet) bis hin zu fortgeschrittenen Agenten, die mit Hilfe von Large Language Models (LLMs), Tool-Nutzung und logischem Schlussfolgern komplexere Aufgaben erledigen können. Ein bekanntes Beispiel aus 2023 sind Frameworks wie AutoGPT oder BabyAGI, bei denen ein einzelnes LLM eigenständig mehrschrittige Aufgaben plant und ausführt – etwa Informationen im Web suchen, die Ergebnisse zusammenfassen und darauf basierend Handlungen vorschlagen. Solche AI Agents arbeiten innerhalb ihres definierten Bereichs autonom und können durch Werkzeugnutzung (z.B. Aufrufen von APIs, Durchführen von Berechnungen) erstaunlich vielseitig agieren.
Wichtig ist: Ein einzelner AI Agent agiert zwar autonom innerhalb seiner Aufgabenstellung, bleibt aber fokussiert auf einen spezifischen Zweck oder Prozessschritt. Er ist ein Einzelkämpfer – vergleichbar mit einem spezialisierten Mitarbeiter, der genau eine Rolle übernimmt. Diese enge Spezialisierung bringt Effizienz bei klar umrissenen Aufgaben, stößt jedoch an Grenzen, sobald eine Aufgabe zu komplex oder vielseitig wird.
Was ist Agentic AI?
Agentic AI bezeichnet einen deutlich umfassenderen Ansatz: Hier arbeiten mehrere KI-Agenten zusammen in einem koordinierten, zielgerichteten System. Anstatt nur einen einzelnen Agenten zu haben, besteht ein agentisches System aus einem ganzen Team von Agenten, die verschiedene spezialisierte Aufgaben übernehmen und miteinander kommunizieren. Man kann sich Agentic AI als orchestriertes Multi-Agenten-System vorstellen, das ein übergeordnetes Ziel verfolgt.
Ein oft genanntes Beispiel zur Veranschaulichung ist das Smart Home: Ein einzelner intelligenter Thermostat entspricht einem AI Agent – er hält autonom die gewünschte Temperatur in einem Raum und lernt vielleicht noch die Gewohnheiten der Nutzer. Demgegenüber steht ein gesamtes Smart-Home-System als Beispiel für Agentic AI: Hier koordinieren mehrere spezialisierte Agenten (Heizungssteuerung, Wetterdatendienst, Energiemanagement, Sicherheitsüberwachung etc.) ihre Aktionen, teilen Informationen untereinander und passen sich dynamisch an, um ein gemeinsames höheres Ziel zu erreichen – etwa maximalen Komfort bei minimalem Energieverbrauch. So könnte der Wetter-Agent einen bevorstehenden Kälteeinbruch melden, woraufhin der Energie-Agent entscheidet, frühzeitig die Heizung hochzufahren und der Speicher-Agent überschüssigen Solarstrom nutzt, während ein Sicherheits-Agent Türen verriegelt, sobald niemand zuhause ist. Dieses Zusammenspiel mehrerer KI-Agenten, die Autonomie in ihren Teilaufgaben haben, aber zusammenwirken, ist charakteristisch für Agentic AI.
Zentrale Merkmale von Agentic AI sind unter anderem:
Verteilte Architektur: Statt eines einzelnen „Gehirns“ arbeiten viele spezialisierte KI-Module zusammen.
Koordination und Kommunikation: Die Agenten tauschen sich aus, teilen Wissen (z.B. ein gemeinsamer Kontext oder Speicher) und stimmen Handlungen aufeinander ab.
Dynamische Zielverfolgung: Das System kann ein Gesamtziel in Teilziele aufteilen (Goal Decomposition) und diese parallel oder iterativ bearbeiten.
Autonomie und Lernen: Agentic AI-Systeme handeln proaktiv, passen sich an neue Informationen an und lernen aus Feedback, anstatt nur auf Eingaben zu reagieren.
Komplexe Aufgabenbewältigung: Durch die Kombination der Fähigkeiten mehrerer Agenten können auch sehr komplexe Workflows abgedeckt werden, die ein einzelner Agent nicht stemmen könnte.
Kurz gesagt, Agentic AI agiert mit „Eigeninitiative“. Es handelt sich um KI-Systeme, die nicht mehr bei jedem Schritt vom Menschen angestoßen werden müssen, sondern selbständig Ziele verfolgen und Schritte einleiten, um diese Ziele zu erreichen. Während ein AI Agent meist reaktiv auf Befehle oder Anfragen antwortet, ist Agentic AI proaktiv – es plant, entscheidet und handelt in einem größeren Handlungsrahmen eigenständig.
Warum die Unterscheidung wichtig ist
Die Unterschiede zwischen einem einzelnen KI-Agenten und einem agentischen Mehragenten-System sind nicht nur akademischer Natur, sie haben praktische Auswirkungen darauf, wie wir KI-Lösungen konzipieren und einsetzen sollten. Zum einen bestimmt die Komplexität der Aufgabe, welcher Ansatz sinnvoll ist. Ein einzelner AI Agent kann sehr effizient sein, wenn es um eine klar umrissene, eng definierte Aufgabe geht (beispielsweise das automatische Beantworten von Kundenanfragen zu einem Produkt). Versucht man jedoch, mit demselben einzelnen Agenten einen vielschichtigen Geschäftsprozess komplett zu automatisieren, stößt man schnell an Grenzen – der Agent würde entweder überfordert oder das System würde unübersichtlich und schwer kontrollierbar. Hier braucht es eher einen agentischen Ansatz, bei dem verschiedene Agenten jeweils einen Teil des Prozesses übernehmen.
Umgekehrt wäre es überdimensioniert, für eine triviale Aufgabe direkt ein ganzes Multi-Agenten-System aufzubauen. Die Devise lautet also: Einfache Aufgaben mit einzelnen AI Agents lösen, komplexe Szenarien mit Agentic AI angehen. Die Unterscheidung hilft dabei, Über- oder Unterengineering zu vermeiden. Wie eine aktuelle Studie hervorhebt, riskieren Praktiker ohne klare Abgrenzung beider Konzepte, entweder komplexe Probleme zu simpel anzugehen oder einfache Probleme unnötig kompliziert zu lösen.
Darüber hinaus unterscheiden sich die beiden Paradigmen in Aspekten wie Skalierbarkeit, Robustheit und Governance. Ein Multi-Agenten-System (Agentic AI) erfordert z.B. Mechanismen zur Koordination und Konfliktlösung zwischen Agenten, Überwachung der Gesamtstrategie und ggf. Sicherheitsvorkehrungen, falls Agenten unerwünschte Aktionen durchführen. Einzelne AI Agents sind dafür meist leichter zu testen und zu kontrollieren, da ihr Handlungsspielraum begrenzter ist. Allerdings können sie eben nicht ohne Weiteres über ihren vordefinierten Rahmen hinausdenken – während Agentic AI-Systeme flexibler auf neue Situationen reagieren können, dafür aber mehr Orchestrierung benötigen.
Nicht zuletzt hat die Unterscheidung auch strategische Bedeutung für Unternehmen: Laut aktuellen Umfragen planen über 80% der Firmen, KI-Agenten in den nächsten drei Jahren einzusetzen. Es ist dabei entscheidend, früh festzulegen, ob man einzelne KI-Assistenten implementiert oder eine umfassendere agentische Plattform anstrebt. Die Investitionen, Erfolgskriterien und Risiken unterscheiden sich deutlich. Ein klar definiertes AI Agent kann man zum Beispiel anhand von Genauigkeit bei einer Aufgabe messen, während ein Agentic AI-System an seiner Fähigkeit gemessen wird, einen komplexen Workflow end-to-end erfolgreich (und sicher) zu managen – oft inklusive menschlicher Zusammenarbeit.
BPMN Agent: zwischen klassischem AI Agent und Agentic AI
Wo ordnet sich nun der BPMN Agent in dieser Landschaft ein? Kurz gesagt: mittendrin. Der BPMN Agent ist weder ein einzelner simpler KI-Agent, noch ein völlig autonomes, von Menschen entkoppeltes Multi-Agenten-Netzwerk. Stattdessen handelt es sich um eine orchestrierte Multi-Agenten-Architektur, die eng mit dem Menschen zusammenarbeitet.
Unter der Haube nutzt der BPMN Agent mehrere KI-Module (Agents) parallel, jeweils spezialisiert auf bestimmte Aufgaben innerhalb des Prozessmodellierungs-Workflows. Diese Agenten werden durch eine übergeordnete Logik – und hier kommt BPMN ins Spiel – koordiniert. BPMN (Business Process Model and Notation) dient dabei als Steuerzentrale bzw. als Drehbuch, nach dem die einzelnen Agenten agieren. Ein BPMN-Diagramm kann festlegen, welche Schritte in welcher Reihenfolge auszuführen sind, welche Entscheidungen anstehen und wo menschliche Eingaben erforderlich sind. Dadurch lässt sich ein komplexer KI-gestützter Prozess transparent und beherrschbar gestalten. Branchenexperten sehen in der Verwendung von BPMN sogar einen Schlüssel zur Kontrolle solcher komplexen Agentensysteme – denn anstatt alle Freiheiten einer Black-Box-KI zu überlassen, werden Abläufe in einem modellierten Workflow festgelegt, der von KI-Komponenten ausgeführt und vom Menschen nachvollzogen werden kann.
Man kann den BPMN Agent also als eine Art Orchestrator betrachten, der mehrere KI-Agenten gemäß einem BPMN-Workflow zusammenwirken lässt, mit definierter Rollenverteilung und klaren Schnittstellen zum Benutzer. Praktisch bedeutet das: Der BPMN Agent übernimmt viele Arbeitsschritte selbstständig, bleibt aber weder völlig sich selbst überlassen noch blind einem starren Skript folgend. Er ist in der Lage, innerhalb des vorgegebenen Prozesses eigenständig Entscheidungen zu treffen (etwa welcher Teilschritt als nächstes kommt oder wie ein Zwischenergebnis verarbeitet wird), zieht den Menschen jedoch gezielt hinzu, wenn es notwendig ist – zum Beispiel zur Freigabe eines erstellten Prozessmodells oder bei Unklarheiten, die aus Daten nicht gelöst werden können.
Weder vollautonom noch rein reaktiv – eine kollaborative KI-Architektur
Der BPMN Agent verkörpert also einen hybriden Ansatz. Im Kontext unserer eingangs definierten Begriffe könnte man sagen: Es ist Agentic AI mit eingebautem menschlichen Kontrollzentrum. Die Multi-Agenten-Architektur verleiht dem System die Fähigkeit, komplexe Abläufe eigenständig zu orchestrieren, während die Verankerung in einem BPMN-Framework und die bewusste Einbindung von Nutzern sicherstellt, dass Transparenz, Nachvollziehbarkeit und menschliche Steuerbarkeit erhalten bleiben.
Dieses Zusammenspiel wird auch als Human-in-the-Loop in agentischen Systemen bezeichnet. Forscher betonen, dass gerade in komplexen Szenarien die Mensch-KI-Zusammenarbeit präzise definiert sein muss. Wer macht wann was? Welche Strategien dürfen KI-Agenten verfolgen, und wie werden Entscheidungen getroffen, wenn mehrere Vorschläge konkurrieren? Klassische Prozessmodellierungssprachen wie BPMN 2.0 stoßen hier noch an Grenzen, weil ihnen die Konzepte fehlen, um z.B. die Vertrauenswürdigkeit eines Agenten oder alternative KI-Strategien abzubilden. Genau da setzt der BPMN Agent an: Durch Erweiterungen und kluge Nutzung von BPMN als Orchestrierungsmedium werden diese neuen, gemischten Workflows handhabbar gemacht. Erste Forschungsarbeiten schlagen sogar eine Erweiterung von BPMN vor, um Agenten und menschliche Teilnehmer gemeinsam modellieren zu können – was unterstreicht, wie wichtig BPMN als Brücke zwischen Automatisierung und menschlicher Kontrolle werden kann.
Der BPMN Agent ist somit weder ein bloßer Einzweck-KI-Assistent (wie ein einzelner AI Agent), noch will er eine uneingeschränkte KI-Autonomie anstreben, bei der der Mensch außen vor bleibt. Stattdessen verfolgt er ein Kooperationsmodell: Die KI erledigt den Großteil der operativen Arbeit und nutzt dabei mehrere spezialisierte „Helfer“, aber der Ablauf folgt einem vom Menschen vorgegebenen Prozessmodell, und der Mensch behält an den entscheidenden Punkten das letzte Wort. Diese Balance aus Teil-Autonomie und menschlicher Governance ist charakteristisch für moderne KI-Anwendungen in Unternehmen.
Fazit: Zusammenarbeit von Mensch und Multi-Agenten als Zukunftsmodell
Die Unterscheidung zwischen AI Agents und Agentic AI ist kein reines Wortspiel, sondern fundamentaler Natur. Ein AI Agent steht für fokussierte, punktuelle KI-Funktionalität – effizient für klar umrissene Automatisierungsaufgaben. Agentic AI beschreibt hingegen ganzheitliche, proaktive KI-Systeme, die durch das Zusammenwirken vieler Agenten auch komplexe, dynamische Prozesse bewältigen können. Beide Ansätze haben ihre Daseinsberechtigung. Entscheidend ist, sie gezielt dort einzusetzen, wo sie den größten Nutzen stiften, und ihre Besonderheiten zu kennen.
Der BPMN Agent demonstriert, wie die Prinzipien von Agentic AI in der Praxis aussehen können: Eine orchestrierte Viel-Agenten-KI, die Prozesse mit statt nur für den Menschen gestaltet. Für Entscheider, Anwendungsentwickler und IT-Leiter bedeutet das ein neues Paradigma der Automatisierung. Statt einer Black-Box-KI, der man blind vertrauen muss, bietet die Kombination aus LLM-basierten Agenten und BPMN-gesteuerter Orchestrierung Transparenz und Kontrolle. Die KI wird zum kollaborativen Partner, der Routineaufgaben und komplexe Zwischenschritte übernimmt, während der Mensch den Überblick behält und strategische Weichen stellt.
Die Reise hat gerade erst begonnen: Große Tech-Unternehmen und Forschungseinrichtungen loten derzeit aus, wie weit man Agentic AI treiben kann – von autonomen Software-Entwicklerteams bis zu selbststeuernden Geschäftsprozessen. Doch eines wird klar: Je autonomer und „agentischer“ KI-Systeme werden, desto mehr brauchen wir robuste Rahmenwerke für ihre Steuerung. BPMN und ähnliche Workflow-Notationen könnten genau dieses Gerüst bieten, um intelligente Agenten zuverlässig in Unternehmensabläufe einzubinden. Der BPMN Agent steht exemplarisch für diesen Weg. Er zeigt, dass KI-Lösungen weder stumpfe Automaten noch unkontrollierbare Intelligenzen sein müssen, sondern als orchestrierte Teams agieren können – zum Wohle der Effizienz und zur Entlastung des Menschen.
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